Klinken putzen für schnelles Internet

Gerblingerodes Ortsbürgermeister Christian Wüstefeld geht
von Haustür zu Haustür und wirbt für schnelles Internet

Dienstag, 12. April 2022 Eichsfeld von Britta Eichner-Ramm

Gerblingerodes Ortsbürgermeister Christian Wüstefeld (l.) geht im Ort Klinken putzen, um noch unentschiedene Einwohner dazu zu bewegen, sich für einen Anschluss an das geplante Glasfasernetz zu entscheiden. Wolfram Marquardt will die Chance nutzen.Foto: Peter Heller

Gerblingerode. Die Digitalisierung bestimmt längst viele Bereiche des Lebens. Streamen von Filmen ersetzt für manchen längst das klassische TV-Programm. Homeschooling und Videokonferenzen haben spätestens mit der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Voraussetzung für all dies ist schnelles Internet – und zwar nicht nur in den Städten, sondern gerade auch in ländlichen Bereichen.

Die Menschen in den 14 Duderstädter Dörfern haben derzeit die Möglichkeit, sich ans Glasfasernetz anschließen zu lassen. Mitarbeiter des Unternehmens Deutsche Glasfaser sind seit einigen Wochen in den Ortschaften unterwegs, um für einen Anschluss zu werben. Denn nur, wenn mindestens 40 Prozent der Haushalte in den Dörfern „Ja“ zu einem Anschluss sagen, gibt es einen flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes.

Stichtag für die sogenannte Nachfragebündelung ist der 7. Mai. Doch vielerorts sind die Menschen noch zurückhaltend, wie ein Überblick über den aktuellen Stand zeigt. Mit Datum vom 11. April liegen Hilkerode mit 21 Prozent, Brochthausen mit 25 Prozent, Gerblingerode mit 27 Prozent sowie Werxhausen und Westerode mit jeweils 29 Prozent sogar noch unter der 30-Prozent-Marke. Unterdessen haben Immingerode mit 44 Prozent, Nesselröden mit 42 Prozent und Tiftlingerode mit 41 Prozent die magische Marke von 40 Prozent bereits erreicht.

Gute Gründe für Glasfaser

Weil viele Gründe für ein flächendeckendes Glasfasernetz im Ort sprechen, versuchen nun in einigen Ortschaften auch die Kommunalpolitiker die Menschen zu überzeugen. Christian Wüstefeld, Ortsbürgermeister in Gerblingerode, geht dafür in diesen Tagen sogar Klinken putzen, denn die Bürgerinformationsveranstaltung im Ort sei „nur wenig frequentiert“ gewesen. Dort zu klingeln, wo noch kein Schildchen im Vorgarten signalisiert „Wir sind dabei“ ist ein mühsames Unterfangen, wie Wüstefeld festgestellt hat. Am vergangenen Sonnabend geht er im Bereich der Gerblingeröder Straße und des Musikantenwegs von Haustür zu Haustür und hofft, die Unentschlossenen zu überzeugen.

Mit dabei hat Wüstefeld einen schriftlichen Ostergruß des Ortsrates, vor allem aber Informationen über das Thema. Denn mitunter gibt es noch Missverständnisse. „Ich will die Infrastruktur für unseren Ort haben“, betont der Ortsbürgermeister, denn in Zukunft sei schnelles Internet unabdingbar. „Diese Chance, die wir jetzt haben, ist für die Region ein Segen“, betont er. Deshalb rührt Wüstefeld auch die Werbetrommel – auf Facebook, auf der Gerblingerode-Website und nun eben auch direkt an den Haustüren der Menschen. Es ist ein bisschen wie im Wahlkampf, meint er, nur dass er nicht um Stimmen, sondern für Glasfaser wirbt.

„Ich nutze kein Internet“

„Guten Tag, ich bin Christian Wüstefeld, ihr Ortsbürgermeister“, sagt er wieder und wieder. Manche, die ihm öffnen, wirken regelrecht genervt, weil ihnen schon wieder jemand etwas über die Vorteile eines Glasfaseranschlusses erzählen will. „Wir brauchen das nicht“, sagt etwa ein älteres Paar kurz angebunden und wimmelt Wüstefeld ab. Überhaupt scheinen es vorwiegend ältere Menschen zu sein, die sich schwer tun.

„Ich nutze kein Internet“, sagt wenig später eine 87-Jährige. An einer anderen Haustür bekommt der Gerblingeröder Ortsbürgermeister zu hören: „Ich habe schon einen Vertrag mit der Telekom.“ Nicht alle seine Gesprächspartner an der Haustür wollen von ihm hören, dass der Wechsel des Internetanbieters keine doppelten Kosten verursacht, oder dass ein Glasfaseranschluss auch bei einem späteren Hausverkauf oder der Nutzung durch die Kinder zur Wertsteigerung beiträgt.

Anschluss derzeit kostenlos

Auch dass der jetzige Anschluss für diejenigen kostenlos ist, die sich bis zum 7. Mai dafür entscheiden, zieht bei manchen Gerblingerödern nicht. Und das, so wird Wüstefeld nicht müde zu erwähnen, obwohl ein späterer Anschluss mindestens 750 Euro, zuzüglich 100 bis 150 Euro für die Verlegung auf das Grundstück koste.

Doch der Ortsbürgermeister freut sich an diesem Sonnabend über kleine Erfolgserlebnisse. Einer sagt, er sei schon unter den Ersten gewesen, die in Gerblingerode „Ja zur digitalen Zukunft“ gesagt hätten. Ein anderer Mann erzählt Wüstefeld, dass er sein Haus in Kürze verkaufe und der Käufer bereits Interesse an einem Glasfaseranschluss geäußert habe.

„Für die Zukunft gewappnet“

„Ich überlege noch“, sagt Wolfram Marquardt, als Wüstefeld ihm den Ostergruß und den Flyer zum Thema Glasfaser in die Hand drückt. Von hinten ruft seine Frau Rosemarie in Richtung Tür: „Wir machen das.“ Der Ortsbürgermeister notiert die Kontaktdaten, damit sich das Unternehmen Deutsche Glasfaser mit den Hausbesitzern in Verbindung setzt.

„Ruckelfreies Internet“ erhofft sich auch Hermann Hesse, selbst bis zu den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr kommunalpolitisch aktiv. Auch bei ihm hat Wüstefeld geklingelt. Überzeugt werden musste Hesse nicht. „Ich möchte für die Zukunft gewappnet sein“, sagt er. „Es ist wichtig, dass der Glasfaseranschluss bis ins Haus kommt“, ergänzt er. Der Ortsbürgermeister hofft unterdessen, dass sich das Klinkenputzen lohnt und bis zum Stichtag die 40 Prozent-Marke erreicht wird.

Ich möchte für die Zukunft gewappnet sein.

Hermann Hesse, Einwohner aus Gerblingerode