„Respect!“: Konflikttraining an der Grundschule

Übungen sollen Schülerinnen und Schülern helfen, Konflikte selbst zu lösen

Von Mailin Matthies

Respect!-Konflikttrainer Milutin Susnica arbeitet in der Sporthalle mit der ersten Klasse der Grundschule Gerblingerode.foto: mailin Matthies

Gerblingerode. Klassenlehrer Christian Lange hält Konflikttrainer Milutin Susnica fest. Susnica versucht sich zu befreien, fällt dabei dramatisch auf den Boden der Sporthalle in der Maximilian-Kolbe-Schule in Gerblingerode. Die 17 Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse lachen, als er sich wieder aufrappelt.

„Was habe ich falsch gemacht?“, fragt Susnica. „Keine Skateboard-Stellung“, weiß ein Junge – Susnica stand nicht stabil in Schrittstellung, wie er es den Kindern vorher noch gezeigt hatte. Die Antwort stimmt, aber bevor die Klasse mit den Übungen weitermachen darf, möchte Susnica noch eins klarmachen: „Ihr habt alle gelacht, wieso?“ Betretenes Schweigen folgt. „Auf eurem Schulhof sind Steine, Treppen, Metall. Was wäre wohl passiert, wenn ich mit dem Kopf auf eine Stufe gefallen wäre?“, fragt Susnica.

Seit zwei Tagen arbeitet der Göttinger Konflikttrainer schon mit der Klasse, am Mittwoch stand die dritte und letzte 90-Minuten-Einheit des Sozial- und Konflikttrainings „Respect!“ an. Die Kinder sollen darin einen selbstständigen Umgang mit Konflikten und einen allgemein wertschätzenden Umgang miteinander erlernen.

Seit einem Jahr arbeitet der Verein „Respect!“ auch mit der Maximilian-Kolbe-Schule zusammen. Im vergangenen Jahr haben alle Klassen das Intensiv-Training mit drei Einheiten erhalten, dieses Jahr gibt es noch mal eine 90-minütige Auffrischung für alle und drei Einheiten für die erste Klasse. Auch das Kollegium hatte im vergangenen Jahr eine Schulung zu dem Thema, um die Kinder auch außerhalb der Workshops darin unterstützen zu können.

„Stopp sagen“, Befreien und Schimpfwörter

Susnica behandelt in seinen drei Einheiten mit der ersten Klasse drei Themenbereiche: „Stopp sagen“, Befreien und Schimpfwörter. Zunächst geht es darum, genau zu benennen, was gerade passiert und was aufhören soll: Statt „Lass das“ soll es beispielsweise heißen: „Hör auf, mich zu schlagen!“

Im zweiten Teil lernen die Kinder, sich zu befreien, falls sie festgehalten werden. „Das kommt nicht häufig vor, aber die müssen wissen, dass sie sich befreien und weggehen können“, sagt Susnica. Ausführlich üben die Schülerinnen und Schüler das mit wechselnden Partnerinnen und Partnern: „Skateboard-Stellung“ und „Regenbogenschlange“ sind die Stichwörter, mit denen Susnica den Kindern die Bewegung erklärt.

In der dritten Einheit geht es vor allem um Schimpfwörter: „Sie wissen zu 99 Prozent gar nicht, was das heißt. Wenn sie es wüssten, würden sie es nicht sagen“, sagt Susnica. Viele „böse Wörter“ kommen in der ersten Klasse aber gar nicht zusammen. Generell sei dies eher in den höheren Klassen ein Problem, weiß Susnica.

„Nicht für jeden Pups zum Lehrer“

Finanziert wird „Respect!“ an der Grundschule Gerblingerode zu zwei Dritteln von der Sparda-Bank Hannover, die jährlich rund 100 000 Euro für sozial-emotionales Lernen und Gewaltprävention in Niedersachsen, Bremen und Ostwestfalen-Lippe zur Verfügung stellt. Der Rest wird vom Förderverein der Grundschule sowie den Eltern bezahlt. Für die Workshops zahlen die Eltern der ersten Klasse einen festen Betrag von zehn Euro, für die Auffrischung in späteren Schuljahren sind es fünf bis sechs Euro, den Rest übernimmt der Förderverein.

Schulleiterin Jessica Ohnesorg ist sehr froh über das Projekt, gerade durch die Corona-Einschränkungen seien solche Übungen für den sozialen Umgang wichtig: „Das müssen die üben, weil sie um so viele Gelegenheiten gebracht wurden, Konflikte niedrigschwellig selbst zu lösen“, sagt Ohnesorg. „Die Kinder sollen befähigt werden, nicht für jeden Pups zum Lehrer zu laufen“, betont auch Susnica. Ohnesorg ergänzt: „Hier geht es vielmehr darum, dass die Kinder selbstbewusster und selbstständiger werden.“ Das sehe sie im Respect!-Training: Susnica schaffe es, auch aus den ganz Schüchternen etwas rauszukitzeln und gleichzeitig den lauteren und dominanteren Kindern zu helfen, auch über ihr Verhalten nachzudenken.

Hier geht es vielmehr darum, dass die Kinder selbstbewusster und selbstständiger werden.

Jessica Ohnesorg, Schulleiterin